(1) Die Steuer entsteht
- bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers, jedoch
- für den Erwerb des unter einer aufschiebenden Bedingung, unter einer Betagung oder Befristung Bedachten sowie für zu einem Erwerb gehörende aufschiebend bedingte, betagte oder befristete Ansprüche mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses,
- für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung,
- im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 mit dem Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig, und im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 mit dem Zeitpunkt der Bildung oder Ausstattung der Vermögensmasse,
- in den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 mit dem Zeitpunkt der Vollziehung der Auflage oder der Erfüllung der Bedingung,
- in den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 3 mit dem Zeitpunkt der Genehmigung,
- in den Fällen des § 3 Absatz 2 Nummer 4 mit dem Zeitpunkt des Verzichts, der Ausschlagung, der Zurückweisung oder der Erklärung über das Nichtgeltendmachen,
- im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 5 mit dem Zeitpunkt der Vereinbarung über die Abfindung,
- für den Erwerb des Nacherben mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfolge,
- im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 6 mit dem Zeitpunkt der Übertragung der Anwartschaft,
- im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 7 mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs;
- bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung;
- bei Zweckzuwendungen mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Verpflichtung des Beschwerten;
- in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung oder auf den Verein. 2Fällt bei Stiftungen oder Vereinen der Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf den 1. Januar 1954 oder auf einen früheren Zeitpunkt, entsteht die Steuer erstmals am 1. Januar 1984. 3Bei Stiftungen und Vereinen, bei denen die Steuer erstmals am 1. Januar 1984 entsteht, richtet sich der Zeitraum von 30 Jahren nach diesem Zeitpunkt.
(2) In den Fällen der Aussetzung der Versteuerung nach § 25 Abs. 1 Buchstabe a gilt die Steuer für den Erwerb des belasteten Vermögens als mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Belastung entstanden.
Richtlinie
Zeitpunkt der Ausführung einer Grundstücksschenkung
aufklappen Zuklappen1 1Eine Grundstücksschenkung gilt als ausgeführt, wenn die Vertragsparteien die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Beschenkte auf Grund dieser Erklärungen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken. 2Der Zeitpunkt der Grundstücksschenkung richtet sich danach, wann die Auflassung im Sinne des § 925 BGB sowie die Eintragungsbewilligung (§ 19 Grundbuchordnung, GBO) vorliegen. 3Die Erteilung einer dazu berechtigenden Vollmacht, die Auflassung als dinglichen Vertrag später zu erklären, genügt nicht. 4Denn damit ist der dingliche Rechtsübergang noch nicht unmittelbar eingeleitet. 5Ein Eintragungsantrag (§ 13 GBO), der die schützenden Wirkungen des § 17 GBO eintreten lässt, ist nicht erforderlich. 6Sofern die Vertragspartner einen Dritten bevollmächtigt haben, die für die Rechtsänderung erforderlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, ist die Schenkung ausgeführt, wenn mit der Auflassung auch die Besitzverschaffung des Grundstücks erfolgt sowie Nutzungen und Lasten auf den Beschenkten übergehen. 7Eine Grundstücksschenkung ist jedoch trotz Vorliegens der genannten Voraussetzungen dann noch nicht ausgeführt, wenn die Übereignung des Grundstücks erst zu einem - von den Beteiligten ausdrücklich bestimmten - späteren Zeitpunkt erfolgen soll oder der Beschenkte von der Eintragungsbewilligung erst zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch machen darf. 8 Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zeitbestimmung die Wirksamkeit des zugrunde liegenden schuldrechtlichen Geschäfts oder lediglich dessen Vollzug betrifft. 9Die mit Beurkundung der Auflassung und Erteilung der Eintragungsbewilligung entstandene Steuer für eine Grundstücksschenkung entfällt rückwirkend, sobald die Schenkungsabrede vor Umschreibung des Eigentums im Grundbuch aufgehoben wird oder die Eintragungsbewilligung aus anderen Gründen nicht mehr zur Umschreibung führen kann.
2 1Die Grundsätze zur Ausführung von Grundstücksschenkungen gelten auch bei mittelbaren Grundstücksschenkungen. 2Bei einer Zuwendung eines Geldbetrags für den Erwerb eines unbebauten oder bebauten Grundstückes ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden. 3Bei der Hingabe eines Geldbetrags zur Errichtung eines Gebäudes ist die mittelbare Grundstücksschenkung im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Gebäudes (> R B 178 Absatz 2 und 3) ausgeführt. 4Soll dem Bedachten nach dem Willen des Zuwendenden ein Grundstück mit vollständig saniertem und renoviertem Gebäude verschafft werden, ist die Zuwendung erst mit dem Abschluss der Sanierungsarbeiten und Renovierungsarbeiten ausgeführt. 5Dieser Zeitpunkt ist gleichzeitig auch Stichtag für die Bewertung des Grundstücks. 6Wenn der Schenker die Kosten für Um-, Aus- oder Anbauten an einem Gebäude trägt, gilt Satz 3 sinngemäß.
3 1Bei einer Grundstücksschenkung, die von einer behördlichen oder privatrechtlichen Genehmigung abhängig ist, tritt die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrags und der Auflassung erst mit der Erteilung der Genehmigung ein. 2Die Genehmigung wirkt zwar zivilrechtlich auf den Tag des Vertragsabschlusses zurück (§ 184 BGB). 3Die zivilrechtliche Rückwirkung einer Genehmigung ist jedoch steuerrechtlich unbeachtlich. 4Ist der Vertrag oder die Auflassung von einer behördlichen Genehmigung abhängig, ist aber von deren Wirksamkeit auszugehen, wenn die Beteiligten alles getan haben, um die Genehmigung herbeizuführen, insbesondere die erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben. 5Ist der Vertrag oder die Auflassung von einer privatrechtlichen Genehmigung abhängig, tritt die für eine Ausführung der Schenkung erforderliche Bindung aller Vertragsparteien zueinander jedoch erst im Zeitpunkt der Genehmigung ein, so dass dann auch der Tatbestand der Schenkung verwirklicht sein kann (vgl. § 38 AO).
Hinweise
aufklappen ZuklappenAusführung einer Grundstücksschenkung
> BFH vom 26.9.1990 II R 150/88, BStBl 1991 II S. 320, vom 24.7.2002 II R 33/01, BStBl II S. 781, vom 2.2.2005 II R 26/02, BStBl II S. 312 und vom 27.4.2005 II R 52/02, BStBl I S. 892
Ausführung einer mittelbaren Grundstücksschenkung
> BFH vom 23.8.2006 II R 16/06, BStBl II S. 786
Privatrechtliche oder behördliche Genehmigung
In Betracht kommen insbesondere die Genehmigung
- eines von einem Minderjährigen oder sonst beschränkt Geschäftsfähigen geschlossenen Vertrags durch den gesetzlichen Vertreter (§ 108 BGB),
- eines von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossenen Vertrags durch den Vertretenen (§ 177 BGB),
- bestimmter Rechtsgeschäfte der Eltern durch das Familiengericht (§ 1365 BGB) bzw. eines Vormunds durch das Vormundschaftsgericht (§ 1821 BGB),
- der Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke (§ 2 GrdstVG ).
Schenkung einer Grundstücksteilfläche
Bei Schenkung einer Grundstücksteilfläche gilt R E 9.1 Absatz 1 entsprechend, auch wenn das Vermessungsverfahren zur Bildung einer eigenen Flurnummer noch nicht abgeschlossen wurde.
Hinweise
aufklappen ZuklappenErwerb betagter Ansprüche
Die Erbschaftsteuer für betagte Ansprüche, die zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt fällig werden, entsteht dem Regelfall des § 9 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG entsprechend bereits im Zeitpunkt des Todes des Erblassers; solche Ansprüche sind ggf. mit ihrem nach § 12 Absatz 3 BewG abgezinsten Wert anzusetzen. Die Erbschaftsteuer für diejenigen betagten Ansprüche, bei denen der Zeitpunkt des Eintritts des zur Fälligkeit führenden Ereignisses unbestimmt ist, entsteht nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a ErbStG erst mit dem Eintritt des Ereignisses (> BFH vom 27.8.2003 II R 58/01, BStBl II S. 921 und vom 16.1.2008 II R 30/06, BStBl II S. 626).
Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs
> BFH vom 19.7.2006 II R 1/05, BStBl II S. 718
Schenkung einer Forderung mit Besserungsabrede
> BFH vom 21.4.2009 II R 57/07, BStBl II S. 606
Zuwendung eines erst künftig im Rahmen einer Kapitalerhöhung entstehenden Geschäftsanteils
> BFH vom 20.1.2010 II R 54/07, BStBl II S. 463
Hinweise
aufklappen ZuklappenBewertungsstichtag bei Errichtung einer Stiftung
Bürgerlich-rechtlich gilt eine erst nach dem Tode des Erblassers anerkannte Stiftung für die Zuwendungen des Stifters als schon vor seinem Tode entstanden (§ 84 BGB). Abweichend hiervon entsteht die Erbschaftsteuer für den Übergang des Vermögens bei einer vom Erblasser errichteten Stiftung mit dem Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung (§ 9 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c ErbStG). Unter die Vorschrift des § 3 Absatz 2 Nummer 1 ErbStG fallen alle Fälle, in denen Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung übergeht. Das gilt unabhängig davon, ob der Erblasser den Erben oder Vermächtnisnehmer mit der Auflage beschwert hat, eine Stiftung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu errichten oder ob es sich um eine vom Erblasser angeordnete Stiftung, die von diesem zur (Allein-)Erbin eingesetzt ist, handelt (> BFH vom 25.10.1995 II R 20/92, BStBl 1996 II S. 99).
Bei einem Stiftungsgeschäft unter Lebenden entsteht die Schenkungsteuer mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung (§ 9 Absatz 1 Nummer 2 ErbStG), also ebenfalls bzw. frühestens mit dem Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung, da die Übertragung des im Stiftungsgeschäft zugesagten Vermögens auf die Stiftung erst mit oder nach diesem Zeitpunkt erfolgen kann (§ 82 BGB).
Besteuerungstatbestand ist in diesen Fällen allein die wirtschaftliche Bereicherung der Stiftung im Zeitpunkt der behördlichen Anerkennung. Die steuerlichen Vorschriften haben insoweit Vorrang vor den zivilrechtlichen Grundsätzen. Als wirtschaftliche Bereicherung ist das gesamte zum Zeitpunkt der Stiftungsanerkennung vorhandene Vermögen anzusehen (> BFH vom 25.10.1995 II R 20/92, BStBl 1996 II S. 99).
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