1Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker werden die folgenden drei Steuerklassen unterschieden:
Steuerklasse I:
- der Ehegatte und der Lebenspartner,
- die Kinder und Stiefkinder,
- die Abkömmlinge der in Nummer 2 genannten Kinder und Stiefkinder,
- die Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen;
Steuerklasse II:
- die Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören,
- die Geschwister,
- die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern,
- die Stiefeltern,
- die Schwiegerkinder,
- die Schwiegereltern,
- der geschiedene Ehegatte und der Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft;
Steuerklasse III:
alle übrigen Erwerber und die Zweckzuwendungen.
1aDie Steuerklassen I und II Nummer 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Verwandtschaft durch Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen ist.
21In den Fällen des § 3 Absatz 2 Nummer 1 und des § 7 Absatz 1 Nummer 8 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist. 2In den Fällen des § 7 Absatz 1 Nummer 9 Satz 1 gilt als Schenker der Stifter oder derjenige, der das Vermögen auf den Verein übertragen hat, und in den Fällen des § 7 Absatz 1 Nummer 9 Satz 2 derjenige, der die Vermögensmasse im Sinne des § 3 Absatz 2 Nummer 1 Satz 2 oder § 7 Absatz 1 Nummer 8 Satz 2 gebildet oder ausgestattet hat. 3In den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 wird der doppelte Freibetrag nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 gewährt; die Steuer ist nach dem Prozentsatz der Steuerklasse I zu berechnen, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde.
31Im Falle des § 2269 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und soweit der überlebende Ehegatte oder der überlebende Lebenspartner an die Verfügung gebunden ist, ist auf Antrag der Versteuerung das Verhältnis des Schlusserben oder Vermächtnisnehmers zum zuerst verstorbenen Ehegatten oder dem zuerst verstorbenen Lebenspartner zugrunde zu legen, soweit sein Vermögen beim Tod des überlebenden Ehegatten oder des überlebenden Lebenspartners noch vorhanden ist. 2§6 Absatz 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
41Bei einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ist der Besteuerung das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar beteiligten natürlichen Person oder Stiftung zugrunde zu legen, durch die sie veranlasst ist. 2In diesem Fall gilt die Schenkung bei der Zusammenrechnung früherer Erwerbe (§ 14) als Vermögensvorteil, der dem Bedachten von dieser Person anfällt.
Hinweise
aufklappen ZuklappenSteuerklasse bei Adoptivkindern und Stiefkindern von Kindern und Geschwistern
Als Abkömmlinge im Sinne des § 15 ErbStG (Steuerklasse I Nummer 3 und Steuerklasse II Nummer 3) sind auch Adoptivkinder und Stiefkinder anzusehen.
Steuerklasse bei ehemaligem Adoptionsverhältnis
BFH vom 17.3.2010 II R 46/08, BStBl II S. 554
Steuerklasse bei Ehegatten von Stiefkindern und Stiefkinder von Geschwistern
Der Begriff „Kind“ wird im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz als eigenständiger Begriff verwendet. Er setzt, wie die Einbeziehung der mit dem Stiefelternteil nur verschwägerten Stiefkinder in die Steuerklasse I Nummer 2 zeigt, das Bestehen verwandtschaftlicher Verhältnisse im zivilrechtlichen Sinne nicht zwingend voraus.
Die Stiefkinder von Geschwistern sind als „Abkömmlinge“ im Sinne der Steuerklasse II Nummer 3 anzusehen.
Zu den Schwiegerkindern im Sinne des § 15 Absatz 1 Steuerklasse II Nummer 5 ErbStG sind deshalb auch die Ehegatten von Stiefkindern (Stiefschwiegerkinder) zu rechnen (BFH vom 6.9.1989 II R 87/87, BStBl II S. 898).
Steuerklasse beim Erwerb einer Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch
BFH vom 10.5.2017 II R 25/15, BStBl 2018 II S. 201
Steuerklasse bei Verlobten
BFH vom 23.3.1998 II R 41/96, BStBl II S. 396
Steuerklasse des Schlusserben aus einem gemeinschaftlichen Testament
BFH vom 16.6.1999 II R 57/96, BStBl II S. 789 und vom 27.8.2008 II R 23/06, BStBl 2009 II S. 47
Richtlinie
Maßgebliche Steuerklasse bei Familienstiftungen
aufklappen Zuklappen11Bei der Errichtung einer Familienstiftung richtet sich die Steuerklasse nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker (§ 15 Absatz 2 Satz 1 ErbStG). 2Bei der Bestimmung der Steuerklasse ist daher auf den nach der Satzung möglichen entferntest Berechtigten abzustellen, auch wenn dieser im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt ist, sondern es erst in der Generationenfolge wird. 3Bei der Errichtung einer Familienstiftung ist deshalb als „entferntest Berechtigter“ derjenige anzusehen, der ohne einen klagbaren Anspruch haben zu müssen nach der Satzung Vermögensvorteile aus der Stiftung erlangen kann.
2Die nach Absatz 1 geltende Steuerklasse ist auch für den anzuwendenden Freibetrag nach § 16 ErbStG maßgebend.
3Überträgt der Stifter nach Errichtung einer Familienstiftung später weiteres Vermögen auf die Stiftung, wird die Zustiftung nach Steuerklasse III besteuert.
Hinweise
aufklappen ZuklappenEntferntest Berechtigter
RFH vom 23.1.1930, RStBl S. 115
Freibetrag bei Errichtung einer Familienstiftung
Der Übergang von Vermögen auf eine zu errichtende Familienstiftung ist nach der Steuerklasse I Nummer 2 i. V. m. § 16 Absatz 1 Nummer 2 ErbStG zu versteuern, wenn (neben dem Stifter) nur die Kinder sowie Kinder vorverstorbener Kinder bezugsberechtigt sein sollen. Sollen Enkel des Stifters bereits zu Lebzeiten ihrer Eltern oder entferntere Abkömmlinge des Stifters unabhängig davon, ob ihre Eltern jeweils noch leben oder nicht bezugsberechtigt sein, ist dagegen die Besteuerung der Errichtung der Familienstiftung nach der Steuerklasse I Nummer 3 i. V. m. § 16 Absatz 1 Nummer 3 oder 4 ErbStG durchzuführen. Erfolgt die Errichtung der Familienstiftung nur allgemein zugunsten der Familie des Stifters und ihren Angehörigen, ist für ihre Besteuerung die Steuerklasse III i. V. m. § 16 Absatz 1 Nummer 7 ErbStG maßgebend.
Steuerklasse bei Auflösung einer Familienstiftung
BFH vom 30.11.2009 II R 6/07, BStBl 2010 II S. 237
Steuerklasse bei einer Zustiftung
BFH vom 9.12.2009 II R 22/08, BStBl 2010 II S. 363
Richtlinie
Umfang des begünstigten Vermögens in den Fällen des § 15 Absatz 3 ErbStG
aufklappen Zuklappen1Nach § 15 Absatz 3 ErbStG sind im Falle des § 2269 BGB und soweit der überlebende Ehegatte an die Verfügung gebunden ist, die mit dem verstorbenen Ehegatten näher verwandten Erben und Vermächtnisnehmer als seine Erben anzusehen, soweit sein Vermögen beim Tode des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners noch vorhanden ist. 2Das beim Tod des länger lebenden Ehegatten dem Werte nach noch vorhandene Vermögen des zuerst verstorbenen Ehegatten ist im Rahmen der Bindungswirkung der getroffenen Verfügungen erbschaftsteuerrechtlich vorrangig und ohne weitere Quotelung den mit dem Erstverstorbenen näher verwandten Schlusserben zuzuordnen. 3Im Einzelnen gilt Folgendes:
- 1Wertsteigerungen und reine Vermögensumschichtungen des noch vorhandenen Vermögens zwischen dem Todestag des Erstversterbenden und dem des Letztversterbenden sind auf Grund des Surrogationsprinzips wie bei § 6 Absatz 2 ErbStG auch bei § 15 Absatz 3 ErbStG begünstigt. 2Es ist deshalb auf den Wert dieses Vermögens am Todestag des Letztversterbenden abzustellen.
- Erträge des Vermögens zwischen dem Todestag des Erstversterbenden und dem des Letztversterbenden sind erst in der Person des Letztversterbenden entstanden und deshalb, soweit sie nicht verbraucht wurden, nicht im begünstigten Vermögen zu berücksichtigen.
- Die Erbfallkostenpauschale nach § 10 Absatz 5 Nummer 3 ErbStG muss dem begünstigten Vermögen anteilig zugeordnet werden.
Hinweise
aufklappen ZuklappenUmfang des begünstigten Vermögens in den Fällen des § 15 Absatz 3 ErbStG
BFH vom 27.8.2008 II R 23/06, BStBl 2009 II S. 47
Richtlinie
Steuerklasse bei Zuwendungen von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften
aufklappen Zuklappen11In den Fällen des § 7 Absatz 8 ErbStG richtet sich bei Zuwendungen von Kapitalgesellschaften bzw. Genossenschaften die Steuerklasse nach § 15 Absatz 4 ErbStG. 2Danach ist das persönliche Verhältnis des Erwerbers (unmittelbar oder mittelbar an der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligte natürliche Person oder Stiftung) zu der die Zuwendung veranlassenden Person maßgebend. 3Diese Regelung betrifft nur die Rechtsfolgen der Steuerermittlung. 4Die Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft bleibt Zuwendende.
21Bei der Zusammenrechnung mit früheren Erwerben nach § 14 ErbStG ist ebenfalls auf die Verhältnisse zu dem veranlassenden Gesellschafter abzustellen. 2Die Zuwendung der Kapitalgesellschaft ist ebenso bei späteren Schenkungen des veranlassenden Gesellschafters, der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft oder anderer Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, an der der veranlassende Gesellschafter beteiligt ist, nach § 14 ErbStG zu berücksichtigen.
31Kommen mehrere Personen als Veranlassende in Betracht (z. B. Vater und Onkel des Begünstigten), kann eine quotale Mitveranlassung aller Beteiligten angenommen werden. 2Es kann jedoch konkret dargelegt werden, welche Person die Zuwendung veranlasst hat.
41Das für die Besteuerung der Zuwendung einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt hat sich für Zwecke der Anwendung des § 15 Absatz 4 ErbStG mit dem Erbschaftsteuerfinanzamt in Verbindung zu setzen, das für die Besteuerung einer Direktzuwendung des veranlassenden Gesellschafters nach § 35 ErbStG zuständig wäre. 2Das letztgenannte Finanzamt teilt dem für die Besteuerung zuständigen Finanzamt die Vorschenkungen und die für die Zusammenrechnung notwendigen Informationen mit und ist in ein etwaiges Rechtsbehelfsverfahren, soweit es um die Anwendung des § 15 Absatz 4 ErbStG geht, von dem zuständigen Finanzamt im Wege der Amtshilfe einzubinden. 3Zum Zweck der künftigen zutreffenden Zusammenrechnung aller Vorerwerbe im Sinne des § 14 ErbStG sind die Erkenntnisse bei dem Finanzamt zusammenzuführen, das für eine Direktzuwendung des veranlassenden Gesellschafters zuständig wäre. 4Das für die Besteuerung der Zuwendung der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zuständige Finanzamt teilt diesem daher die insoweit benötigten Veranlagungsdaten mit. 5Zudem haben alle beteiligten Finanzämter einander zeitnah über eventuell später eintretende Änderungen zu unterrichten, die Auswirkungen im Rahmen des § 14 ErbStG haben können.
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