11Zur Ermittlung des kapitalisierten Reinertrags ist vom Reinertrag des Grundstücks auszugehen. 2Dieser ergibt sich aus dem Rohertrag des Grundstücks (§ 254) abzüglich der Bewirtschaftungskosten (§ 255).
21Der Reinertrag des Grundstücks ist mit dem sich aus Anlage 37 ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren. 2Maßgebend für den Vervielfältiger sind der Liegenschaftszinssatz nach § 256 und die Restnutzungsdauer des Gebäudes. 3Die Restnutzungsdauer ist grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus Anlage 38 ergibt, und dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt. 4Sind nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes wesentlich verlängert haben, ist von einer der Verlängerung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen. 5Die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes beträgt mindestens 30 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer. 6Bei einer bestehenden Abbruchverpflichtung für das Gebäude ist die Restnutzungsdauer abweichend von den Sätzen 3 bis 5 auf den Unterschiedsbetrag zwischen der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer und dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt begrenzt.
Anwendungserlass
A 253.1
Ermittlung des kapitalisierten Reinertrags; Restnutzungsdauer
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11Die Restnutzungsdauer ist grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus Anlage 38 zum BewG ergibt, und dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt. 2Es bestehen aus Vereinfachungsgründen keine Bedenken, das Alter des Gebäudes durch Abzug des Jahres der Bezugsfertigkeit des Gebäudes (Baujahr) vom Jahr des Hauptfeststellungszeitpunkts zu bestimmen.
21Die typisierte wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes ist der Anlage 38 zum BewG zu entnehmen. 2Sie richtet sich nach der Grundstücksart im Sinne des § 250 BewG und den in der Anlage 38 zum BewG ausgewiesenen Gebäudearten. 3Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer beträgt für Wohngrundstücke einheitlich 80 Jahre. 4Dies gilt unabhängig davon, ob im Gebäude enthaltene Räume (z. B. Verkaufsräume oder Büros) für Zwecke genutzt werden, für die eine abweichende wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer anzunehmen wäre.
31Sind nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes wesentlich verlängert haben, ist von einer der Verlängerung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen. 2Von einer wesentlichen Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer ist nur bei einer Kernsanierung auszugehen. 3Eine Kernsanierung liegt vor, wenn nicht nur der Ausbau (u. a. Heizung, Fenster und Sanitäreinrichtungen) umfassend modernisiert, sondern auch der Rohbau jedenfalls teilweise erneuert worden ist. 4Bauliche Maßnahmen an nicht tragenden Bauteilen (z. B. Neugestaltung der Fassade) verlängern die Gesamtnutzungsdauer allein nicht wesentlich. 5Durch eine Kernsanierung wird das Gebäude in einen Zustand versetzt, der nahezu einem neuen Gebäude entspricht. 6Dazu wird das Gebäude zunächst bis auf die tragende Substanz zurückgebaut. 7Decken, Außenwände, tragende Innenwände und ggf. der Dachstuhl bleiben dabei in der Regel erhalten; ggf. sind diese zu ertüchtigen und/oder instand zu setzen. 8Voraussetzungen für das Vorliegen einer Kernsanierung sind insbesondere die komplette Erneuerung der Dacheindeckung, der Fassade, der Innen- und Außenwände mit Ausnahme der tragenden Wände, der Fußböden, der Fenster, der Innen- und Außentüren sowie sämtlicher technischen Systeme wie z. B. der Heizung einschließlich aller Leitungen, des Abwassersystems einschließlich der Grundleitungen, der elektrischen Leitungen und der Wasserversorgungsleitungen, sofern diese technisch einwandfrei und als neubauähnlich und neuwertig zu betrachten sind. 9Im Einzelfall müssen nicht zwingend alle der vorgenannten Kriterien gleichzeitig erfüllt sein. 10Dies gilt insbesondere für solche Gebäude und Gebäudeteile, bei denen aufgrund baurechtlicher Vorgaben eine weitreichende Veränderung nicht zulässig ist (z. B. unter Denkmalschutz stehende Gebäude und Gebäudeteile). 11Im Jahr der Kernsanierung beträgt die Restnutzungsdauer aus Vereinfachungsgründen 90 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes. 12Mit dem pauschalen Abschlag in Höhe von 10 Prozent wird die teilweise noch verbliebene alte Bausubstanz berücksichtigt. 13Als Jahr der Kernsanierung gilt das Jahr, in dem die Kernsanierung abgeschlossen wurde.
Baujahr 1970, Kernsanierung 2008, wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer 80 Jahre.
Restnutzungsdauer im Jahr der Kernsanierung:
wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer (80 Jahre) ./. 10 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (8 Jahre) = 72 Jahre
Restnutzungsdauer im Feststellungszeitpunkt:
72 Jahre ./. (2022 ./. 2008) = 58 Jahre
41Die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes beträgt mindestens 30 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer. ²Bei den Wohngrundstücken beträgt die Mindest-Restnutzungsdauer daher einheitlich 24 Jahre. ³Die Regelung unterstellt einen durchschnittlichen Erhaltungszustand und macht insbesondere bei älteren Gebäuden die Prüfung entbehrlich, ob die restliche Lebensdauer infolge baulicher Maßnahmen verlängert wurde. 4Bei bestehender Abbruchverpflichtung für das Gebäude kann die Mindest-Restnutzungsdauer unterschritten werden.
51Eine Verkürzung der Restnutzungsdauer kommt nur bei bestehender Abbruchverpflichtung für das Gebäude in Betracht. 2Insbesondere Baumängel und Bauschäden oder wirtschaftliche Gegebenheiten führen nicht zu einer Verkürzung der Restnutzungsdauer bei der Ermittlung des Grundsteuerwertes. 3Dies gilt auch für nicht behebbare Baumängel oder Bauschäden (z. B. Gründungsmängel, Kriegsschäden, Bergschäden), die selbst durch Ausbesserung nicht auf Dauer beseitigt werden können.
Baujahr 1982, Abbruchverpflichtung 2030, wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer 80 Jahre.
Gesamtnutzungsdauer aufgrund der Abbruchverpflichtung:
Gesamtnutzungsdauer: Jahr der Abbruchverpflichtung 2030 ./. Baujahr 1982 = 48 Jahre
Restnutzungsdauer unter Berücksichtigung der Abbruchverpflichtung:
48 Jahre ./. Alter im Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 (2022 ./. 1982 = 40 Jahre) = 8 Jahre
Die Mindest-Restnutzungsdauer von 24 Jahren (30 Prozent von 80 Jahren) ist unbeachtlich.
4Eine erst nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt vereinbarte Abbruchverpflichtung ist als eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach § 228 Absatz 2 BewG dem Finanzamt anzuzeigen und kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 222 Absatz 1 BewG zu einer Wertfortschreibung führen.
Anwendungserlass
A 253.2
Grundstück mit mehreren Gebäuden oder Gebäudeteilen
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1Besteht eine wirtschaftliche Einheit aus mehreren Gebäuden oder Gebäudeteilen die über eine gewisse bauliche Selbständigkeit verfügen oder die in verschiedenen Jahren bezugsfertig geworden sind, können sich unterschiedliche Restnutzungsdauern ergeben.
21Bei Wohngrundstücken gilt für alle Gebäude und Gebäudeteile – unabhängig von ihrer Nutzung – eine Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren. 2Dies gilt auch für Garagen und Nebengebäude. 3Liegen keine anderweitigen Erkenntnisse vor, so bestehen keine Bedenken, bei Garagen und Nebengebäuden die Bezugsfertigkeit im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Hauptgebäudes zu unterstellen.
Von einem Mietwohngrundstück mit einer Wohn- und Nutzfläche von insgesamt 1.500 m² dienen 1.300 m² Wohnzwecken, und ein Gebäudeteil mit 200 m² Nutzfläche wird als Büroeinheit genutzt.
Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer laut Anlage 38 zum BewG beträgt für Mietwohngrundstücke 80 Jahre. Ein gesonderter Ansatz der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer für den Gebäudeteil Büroeinheit von 200 m² (z. B. 60 Jahre für Bürogebäude) ist ausgeschlossen.
3Ergeben sich bei einer wirtschaftlichen Einheit aus mehreren selbständigen Gebäuden oder Gebäudeteilen unterschiedliche Restnutzungsdauern, ist eine gewogene Restnutzungsdauer unter Berücksichtigung der jeweiligen Roherträge zu ermitteln.
Mietwohngrundstück bestehend aus zwei Gebäuden mit je vier Wohnungen. Gebäude A wurde 1970 fertiggestellt (Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag 1. Januar 2022 = 52 Jahre), die typisierten Roherträge belaufen sich auf 22.000 €. Das Gebäude B wurde 2005 fertiggestellt (Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 = 17 Jahre), die typisierten Roherträge betragen 38.000 €. Insgesamt sind für das Mietwohngrundstück Roherträge von 60.000 € (22.000 € + 38.000 €) anzusetzen.
Für das Gebäude A ergeben sich, bezogen auf die Restnutzungsdauer von 28 Jahren im Hauptfeststellungsstichtag (Gesamtnutzungsdauer 80 Jahre abzüglich Alter am Bewertungsstichtag 52 Jahre), anzusetzende Erträge von
28 Jahre x 22.000 € = 616.000 €
Für das Gebäude B ergeben sich, bezogen auf die Restnutzungsdauer im Hauptfeststellungsstichtag von 63 Jahren (Gesamtnutzungsdauer 80 Jahre abzüglich Alter am Bewertungsstichtag 17 Jahre) anzusetzende Erträge von
63 Jahre x 38.000 € = 2.394.000 €
Die Summe der anzusetzenden Erträge für das Mietwohngrundstück beträgt somit
616.000 € + 2.394.000 € = 3.010.000 €.
Die gewogene Restnutzungsdauer ergibt sich, indem die Summe der anzusetzenden Erträge durch die Summe der jährlichen Erträge geteilt wird:
3.010.000 € / 60.000 € = 50,17 Jahre
Die gewogene Restnutzungsdauer wird kaufmännisch auf volle Jahre gerundet und beträgt somit 50 Jahre.
41Anbauten teilen grundsätzlich auf Grund ihrer Bauart oder Nutzung das Schicksal des Hauptgebäudes. 2Ist dagegen anzunehmen, dass ein Erweiterungsbau nach Größe, Bauart oder Nutzung eine andere Restnutzungsdauer als das Hauptgebäude haben wird, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. 3Für Aufstockungen ist grundsätzlich das Baujahr der unteren Geschosse zu Grunde zu legen. 4Es ist jedoch zu prüfen, ob die baulichen Maßnahmen eine Kernsanierung darstellen und daher die Restnutzungsdauer des Gebäudes wesentlich verlängert worden ist (siehe A 253.1 Absatz 3).
51Bei einer wirtschaftlichen Einheit mit mehreren nichtselbständigen Gebäuden oder Gebäudeteilen ist von einer einheitlichen Restnutzungsdauer auszugehen. 2Zur Bestimmung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer gelten die oben ausgeführten Erläuterungen (Restnutzungsdauer, A 253.1 Absatz 2).
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