DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, insbesondere auf Artikel 47l Buchstaben a und b,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates‚ in dem Sonderregelungen für Steuerpflichtige vorgesehen sind, die bestimmte Dienstleistungen erbringen, wurde durch die Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates und die Richtlinie (EU) 2019/1995 des Rates geändert‚ um die Sonderregelungen zu erweitern.
2Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2020/194 der Kommission wurden Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates hinsichtlich der Sonderregelungen für Steuerpflichtige erlassen, die Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringen sowie Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte Lieferungen von Gegenständen innerhalb der Union tätigen (im Folgenden „Sonderregelungen“).
3In der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 sind die Bestimmungen für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer festgelegt. Insbesondere in den Artikeln 47i und 47j der genannten Verordnung in der durch die Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates geänderten Fassung werden die erforderlichen Maßnahmen zur Kontrolle der Umsätze von Steuerpflichtigen festgelegt, die eine der Sonderregelungen in Anspruch nehmen.
4Im Rahmen der Sonderregelungen können Steuerpflichtige, die Mehrwertsteuer für bestimmte Lieferungen von Gegenständen und die Erbringung bestimmter Dienstleistungen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig sind (Mitgliedstaat der Identifizierung), anmelden und entrichten, anstatt sich in jedem Mitgliedstaat, in dem sie diese Gegenstände liefern oder diese Dienstleistungen erbringen (Mitgliedstaat des Verbrauchs), registrieren sowie Mehrwertsteuer anmelden und entrichten zu müssen. Der Mitgliedstaat der Identifizierung leitet die Mehrwertsteuer-Erklärungen und die Zahlungen an den jeweiligen Mitgliedstaat des Verbrauchs weiter. Der Mitgliedstaat des Verbrauchs sollte in der Lage sein, die Richtigkeit der gemeldeten Lieferungen zu überprüfen und bei den Steuerpflichtigen eine Prüfung durchzuführen, die in diesem Zusammenhang aufgefordert werden, Aufzeichnungen in Bezug auf die fraglichen Lieferungen vorzulegen.
5Der gesamte Austausch von Informationen und Aufzeichnungen zwischen den Mitgliedstaaten sollte über ein sicheres, auf Unionsebene verfügbares Netz erfolgen.
6Der Mitgliedstaat der Identifizierung sollte zur Erleichterung des Austausches von Informationen und Aufzeichnungen betreffend Umsätzen von Steuerpflichtigen, die eine der Sonderregelungen in Anspruch nehmen, in der Lage sein, bei Eingang eines Ersuchens um Auskunft zu überprüfen, ob sich das Ersuchen auf einen Steuerpflichtigen bezieht, der eine der Sonderregelungen in Anspruch nimmt und der von dem Ersuchen betroffene Steuerpflichtige ist, und die Art der vom Mitgliedstaat des Verbrauchs ersuchten Aufzeichnungen zu bestimmen.
7Damit die Übermittlung von Informationen und Aufzeichnungen an den Mitgliedstaat der Identifizierung erleichtert wird, sollten Steuerpflichtige, die eine der Sonderregelungen in Anspruch nehmen, oder ihre Vermittler ein Standardformular in einem lesbaren Format verwenden können. Dies würde es dem Mitgliedstaat der Identifizierung ermöglichen, dem Mitgliedstaat des Verbrauchs gemäß Artikel 47i Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 innerhalb von 30 Tagen nach der Einreichung des Ersuchens eine Antwort zu übermitteln.
8Die Durchführung behördlicher Ermittlungen bei Steuerpflichtigen, die eine der Sonderregelungen in Anspruch nehmen, sollte dem Mitgliedstaat der Identifizierung keinen unnötigen Verwaltungsaufwand verursachen. In diesem Sinne sollte ein Mitgliedstaat der Identifizierung alle anderen Mitgliedstaaten vorab über behördliche Ermittlungen unterrichten, die er in Bezug auf Steuerpflichtige durchzuführen beabsichtigt, die eine der Sonderregelungen in Anspruch nehmen. Der Mitgliedstaat der Identifizierung sollten den anderen Mitgliedstaaten in seiner Mitteilung ausreichende Angaben bereitstellen, anhand deren sie den Steuerpflichtigen identifizieren und den Umfang der beabsichtigten behördlichen Ermittlungen bestimmen können. In der Mitteilung sollte den anderen Mitgliedstaaten ausreichend Zeit eingeräumt werden, um eine Antwort zu übermitteln.
9Um ein ordnungsgemäßes administratives Funktionieren der Sonderregelungen zu ermöglichen sowie die Kontrolle und Prüfung von Steuerpflichtigen, die diese in Anspruch nehmen, zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine effiziente Kommunikation die Kontaktdaten der in den einzelnen Mitgliedstaaten für die Koordinierung dieser Angelegenheiten zuständigen Person austauschen.
10Die Durchführungsverordnung (EU) 2020/194 sollte daher entsprechend geändert werden.
11Diese Verordnung sollte ab demselben Zeitpunkt gelten wie die Bestimmungen von Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG in der durch die Richtlinie (EU) 2017/2455 und die Richtlinie (EU) 2019/1995 geänderten Fassung und die entsprechenden Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 durch die Verordnung (EU) 2017/2454.
12Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Die Durchführungsverordnung (EU) 2020/194 wird wie folgt geändert:
- Die folgenden Artikel 6a, 6b und 6c werden eingefügt:
„Artikel 6a
Austausch von Aufzeichnungen von Steuerpflichtigen oder deren Vermittlern
1Der Mitgliedstaat des Verbrauchs ersucht gemäß den Artikeln 369, 369k und 369x der Richtlinie 2006/112/EG den Mitgliedstaat der Identifizierung unter Verwendung des Standardformulars nach Artikel 1 des Durchführungsbeschlusses C(2019) 2866 der Kommission (*1) um Aufzeichnungen eines Steuerpflichtigen oder Vermittlers. Der Mitgliedstaat des Verbrauchs übermittelt das Standardformular auf elektronischem Wege über das CCN/CSI-Netz.
Der Mitgliedstaat des Verbrauchs nimmt folgende Informationen in das Standardformular auf:
- eine Erklärung, dass das Ersuchen gemäß Artikel 47i Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 gestellt wird,
- den Namen des Steuerpflichtigen und den Namen des Vermittlers, sofern ein solcher benannt ist,
- die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, die der Mitgliedstaat der Identifizierung dem Steuerpflichtigen oder dem Vermittler für den durch den Vermittler vertretenen Steuerpflichtigen erteilt hat,
- die Steuerzeiträume, auf die sich das Ersuchen bezieht,
- die Art der ersuchten Aufzeichnungen.
2Der Mitgliedstaat der Identifizierung übermittelt dem Mitgliedstaat des Verbrauchs unter Verwendung des Formulars nach Artikel 1 des Durchführungsbeschlusses C(2019) 2866 die beim Steuerpflichtigen oder dessen Vermittler eingeholten Aufzeichnungen. Das Standardformular wird auf elektronischem Wege über das CCN/CSI-Netz übermittelt.
3Die vom Mitgliedstaat der Identifizierung gemäß Artikel 47j Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 an die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten zu übermittelnde elektronische Mitteilung enthält folgende Informationen:
- eine Erklärung, dass die elektronische Mitteilung gemäß Artikel 47j Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 übermittelt wird,
- den Namen des Steuerpflichtigen und den Namen des Vermittlers, sofern ein solcher benannt ist,
- die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, die der Mitgliedstaat der Identifizierung dem Steuerpflichtigen oder dem Vermittler für den durch den Vermittler vertretenen Steuerpflichtigen erteilt hat,
- die Steuerzeiträume, auf die sich die beabsichtigten behördlichen Ermittlungen beziehen,
- den Umfang der beabsichtigten behördlichen Ermittlungen,
- das Datum, bis zu dem die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten auf die elektronische Mitteilung antworten müssen.
Der Mitgliedstaat der Identifizierung übermittelt die elektronische Mitteilung den anderen Mitgliedstaaten über das CCN/CSI-Netz.
4Der Mitgliedstaat des Verbrauchs setzt sich mit dem Mitgliedstaat der Identifizierung gemäß Artikel 47j Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 unter Verwendung des Standardformulars nach Artikel 1 des Durchführungsbeschlusses C(2019) 2866 und auf elektronischem Wege über das CCN/CSI-Netz ins Benehmen. Der Mitgliedstaat des Verbrauchs nimmt folgende Informationen in dieses Standardformular auf:
- den Namen des Steuerpflichtigen und den Namen des Vermittlers, sofern ein solcher benannt ist,
- die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, die der Mitgliedstaat der Identifizierung dem Steuerpflichtigen oder dem Vermittler für den durch den Vermittler vertretenen Steuerpflichtigen erteilt hat,
- die Steuerzeiträume, auf die sich die beabsichtigten behördlichen Ermittlungen beziehen,
- den Umfang der beabsichtigten behördlichen Ermittlungen,
Stimmt der Mitgliedstaat der Identifizierung der Einleitung behördlicher Ermittlungen zu, so unterrichtet dieser Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten über die in Absatz 3 genannte Mitteilung.
Artikel 6b
Standardformular für die Übermittlung von Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen oder seines Vermittlers an den Mitgliedstaat der Identifizierung
Die Struktur des Standardformulars gemäß Artikel 47i Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 ist in Anhang IV der vorliegenden Verordnung festgelegt.
Artikel 6c
Benennung einer für die Koordinierung der behördlichen Ermittlungen zuständigen Behörde
Die Kontaktdaten der in jedem Mitgliedstaat zuständigen Behörde für die Koordinierung der behördlichen Ermittlungen in Bezug auf Steuerpflichtige, die eine der Sonderregelungen in Anspruch nehmen, umfassen den Namen, die Abteilung, die Anschrift, die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme mit dieser zuständigen Behörde.
Diese Informationen werden den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission über das CCN/CSI-Netz zur Verfügung gestellt.
*Durchführungsbeschluss C(2019) 2866 der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates hinsichtlich der Standardformulare, der automatisierten Bereitstellung bestimmter Informationen und der Dienstgütevereinbarung.“
- Ein neuer Anhang IV mit dem im Anhang dieser Verordnung festgelegten Wortlaut wird angefügt.
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Sie gilt ab dem 1. Juli 2021.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Brüssel, den 9. Juni 2021
Für die Kommission
Die Präsidentin
Ursula VON DER LEYEN
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